Gesammelte Werke | Nachtrag


Manuskript „Noten-Monopol“

(unveröffentlicht gebliebenes Manuskript | undatiert | vermutlich Ende 1918 | weitere Informationen im Einführungstext )

Der gesamte Wortlaut des Manuskripts:

   Der S.F.F.B. mit Sitz in Bern stellt an die Bundesbehörden folgenden Antrag: In Erwägung, dass die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes neben der Menge vorhandenen Geldes der bestimmende Faktor der Währung ist und dass mit dem herkömmlichen Geld dieser bestimmende Faktor sich jeder behördlichen Kontrolle entzieht, muss es als eine technische Unmöglichkeit bezeichnet werden, den Anforderungen gerecht zu werden, die vom Standpunkt des Rechts, des Handels und des Verkehrs an die Währung gestellt werden, wie das ja auch durch die jetzige, alle Zahlungsverträge (Lohnverträge, Anstellungsverträge der Beamten, Darlehensverträge in Form von Obligationen, Hypotheken, Wechseln, Versicherungsverträge u.s.w.) über den Haufen werfende Inflation dem größeren Publikum offenbar geworden ist. Sogar um die recht bescheidene Aufgabe zu erfüllen, die der National-Bank übertragen wurde, geht es nicht ohne eine Kontrolle der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, wie das die sofort nach Kriegsausbruch nötig gewordenen Ausnahmegesetze klar zum Ausdruck bringen. Weil alles Gold in der Panik vom Publikum verschatzt worden und die Umlaufsgeschwindigkeit dadurch auf nahezu 0 gesunken war, musste die Quantität des Geldes (durch Notendruck) ersetzen, was der Umlaufsgeschwindigkeit abging. Dadurch und mangels jedes vernünftigen Maßstabs für diese zu schaffende Quantität wurde die Schweizer Währung zu einem Willkürakt unverantwortlicher Beamter. Was das in einem demokratischen Staatswesen und bei der gewaltigen Bedeutung der Sache heißt, braucht hier nicht hervorgehoben zu werden; erwähnt sei nur, dass die National-Bank, deren Noten heute mit 80 % gedeckt sind, gesetzlich befugt ist, den Notenumlauf heute noch einmal zu verdoppeln, und das je nachdem, ob sie von dieser Befugnis Gebrauch machen wird oder nicht, alle Zahlungsverträge noch einmal über den Haufen werden geworfen werden und die Grundlage gegeben sein wird für Börsendifferenzen von fabelhaftem Umfang, ähnlich wie man sie zur Zeit an der Wiener Börse beobachten kann. Dass darum jetzt schon die maßgebenden Personen von Spekulanten umlauert sein mögen, die erfahren wollen, wie die Entscheidung fallen wird – ist wohl mit Recht anzunehmen, denn von der Entscheidung der National-Bank wird es abhängen, ob man à la hausse oder à la baisse zu spekulieren hat. Also ein Korruptionsbazillus bedenklichster Art, der hier dem System anhaftet.

   Um diese Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, richtete der S.F.F.B. am ….. eine Eingabe an das Finanzdepartement, worin die absolute Währung gefordert wurde, wodurch den Behörden für die Ausgabe von Banknoten eine feste Grenze vorgezeichnet wird und die Schweizer Währung der Willkür enthoben und unter das Gesetz gestellt wird.     
     
   Da unserer Eingabe bisher keine weitere Folge gegeben wurde, wiederholen wir heute denselben, indem wir uns zur weiteren Begründung seiner Notwendigkeit auf die wachsenden Schwierigkeiten und Verantwortlichkeiten hinweisen.
Zugleich ergänzen wir die genannte Eingabe durch folgenden Antrag:
I.    Das Notenmonopol wird der National-Bank entzogen und dem S.F.F.B. übertragen, dessen Amtsführung der Oberaufsicht der Bundesbehörden unterworfen sein wird.
II.    Der S.F.F.B. (der ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt) verpflichtet sich zu folgenden Leistungen:
a.    Er tauscht alle sich in Umlauf befindenden Geld- und Silbermünzen gegen Freigeld ein und liefert diese Metalle restlos an das Finanzdepartement ab. Diese Metalle wird das Finanzdepartement zu gegebener Zeit an die Industrie verkaufen können, da mit dem Freigeldsystem Reserven irgendwelcher Art überflüssig sind.
b.    Der S.F.F.B. wird die Währung nach Wunsch des Schweizervolkes entweder auf die Festigkeit der Valuta oder auf die hier als bekannt vorausgesetzte absolute Währung einstellen und verpflichtet sich, die ihm übertragene Aufgabe unter allen Umständen, auch in Kriegszeiten und bei Ausbruch von Weltfinanzkrisen auf das Peinlichste durchzuführen.
c.    Die Einnahmen aus dem Freigeldmonopol im Betrage von 5 % jährlich des Gesamtbetrags des umlaufenden Geldes liefert der S.F.F.B. restlos an das Finanzdepartement ab.
d.    Die Ausgaben der Monopolverwaltung mit alleiniger Ausnahme der Druckkosten der Noten (die von der Bundesverwaltung zu liefern wären) werden aus den Mitgliedsbeiträgen des S.F.F.B. bestritten werden.

   Neben diese Leistungen des Freigeldmonopols treten dann die vielseitigen Wirkungen des Freigeldes, von denen wir hier nur die hauptsächlichsten hervorheben wollen: Vollständig gleichmäßige Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, die unabhängig gemacht wird von der Psyche der Geldbesitzer und die unter allen Umständen an die Grenzen stößt, die ihr die gegebenen Handelseinrichtungen ziehen, so dass die Geldquantität allein noch für die Währung maßgebend sein wird. Das Freigeld verwandelt die Umlaufsgeschwindigkeit in eine Konstante, wodurch die sog. rohe oder naive Quantitätstheorie absolute Geltung gewinnt.

   Dieser absolut regelmäßigen Geldumlaufsgeschwindigkeit ist es auch zu verdanken, dass alle störenden Elemente der Währung, das Spekulationskapital, die Privatgeldreserven automatisch und restlos aufgelöst werden, wodurch das Geldmonopol zum vollkommenen Beherrscher des Geldmarkts wird und damit der Reserven irgendwelcher Art (auch der Wechsel) entraten kann. In dem Umstand, dass das Freigeld sich automatisch um 5 % jährlich konsumiert und der Geldumlauf daher vom Monopol aus durch Neudruck auf der Höhe gehalten werden muss, liegt für die Monopolverwaltung genügend Spielraum, um die von der Warenseite drohenden Störungen der absoluten Währung jederzeit auszugleichen. Das Freigeld liefert der Monopolverwaltung die Mittel, um währungstechnische, für alle Welt vorbildliche Präzisionsarbeit zu liefern.

   Das Freigeld räumt der vollen Entfaltung der Volkswirtschaft alle Hindernisse aus dem Wege. Es leitet alle Produktionsüberschüsse zwangsläufig vom Warenmarkt auf den Kapitalmarkt über, wo sie belebend wirken und auf den Zinsfuß drücken. Mit dem Freigeld wird die Schweiz, solange die anderen Staaten dem Beispiel nicht folgen, sich des international niedrigsten Zinsfußes erfreuen. Bei internationaler Einführung des Freigeldes wird sich das große Ziel einer mit der absoluten Währung verbundenen festen internationalen Valuta ohne irgendwelche Schwierigkeiten erreichen lassen, während gleichzeitig der Druck auf den Zinsfuß steigen und bis zur völligen Beseitigung des Zinses wachsen kann.

   Unvereinbar mit dem Freigeldsystem sind Wirtschaftskrisen mit ihrem Gefolge von Arbeitslosigkeit, Zahlungseinstellungen, Defizite im Staatshaushalt, ferner Wucher und Spekulation. Gewaltig ist der Einfluss des Freigeldes auf den gesamten Handel; es sichert und beschleunigt den Austausch der Waren in außerordentlicher Weise, so dass die Hoffnungen als berechtigt erscheinen, dass die Handelsspesen, die heute nach den Berechnungen Brentanos durchschnittlich 40 % des Produkts konsumieren, auf etwa 10 % fallen werden, was allein einer allgemeinen Reallohn- und Gehältererhöhung von 30 % gleich käme, die nicht die Unternehmen und das Staatsbudget belastet, da sie von Spesenersparnissen bestritten wird.

   Zu bemerken bleibt noch, dass der S.F.F.B. nur gemeinnützigen Zwecken dient und dass darum auch die Bundesbehörden die Verwaltung des Freigeldmonopols jederzeit ohne Entschädigung irgendwelcher Art und ohne Kündigung in eigene Regie nehmen können, sobald sie das für zweckmäßig halten werden.